Landesverfassungsbeschwerde

Auch auf Landesebene können Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung der Grundrechte eingelegt werden.
Auch auf Landesebene können Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung der Grundrechte eingelegt werden.
Die Landesverfassungsbeschwerde ermöglicht es, Grundrechte aus der Verfassung des jeweiligen Bundeslandes vor dem Landesverfassungsgericht einzuklagen.

Eine solche Landesverfassungsbeschwerde ist mittlerweile in fast jedem Bundesland vorgesehen. Ausnahmen sind aktuell lediglich Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Zuletzt hat Nordrhein-Westfalen eine eigene Verfassungsbeschwerde ab 2019 eingeführt.

Landesverfassungsbeschwerde nur gegen Entscheidungen auf Landesebene

Zu beachten ist jedoch, dass nur Handlungen des jeweiligen Bundeslandes Gegenstand der Landesverfassungsbeschwerde sein können. Dies können Landesgesetze ebenso wie Entscheidungen der Landesbehörden oder von Gerichten den Landes (bis zum Oberlandesgericht, Oberverwaltungsgericht, Finanzgericht, Landessozialgericht oder Landesarbeitsgericht) sein. Sobald jedoch Bundesgerichte in das Verfahren involviert waren (sei es auch nur im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde), scheidet die Landesverfassungsbeschwerde aus. In diesem Falle bleibt natürlich die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht.

Gegenstand der Landesverfassungsbeschwerde sind die Landesgrundrechte. Allerdings unterscheiden sich die Grundrechte der Landesverfassungen meist nicht wesentlich von denen des Grundgesetzes.

Die Verfassungsbeschwerde nach Landesrecht unterscheidet sich von derjenigen nach Bundesrecht häufig in bestimmten Details. Daher ist eine genaue Kenntnis des jeweiligen Landesverfassungsrechts notwendig.

Landesverfassungsbeschwerde kann Vorteile bieten

In bestimmten Fällen bringt die Landesverfassungsbeschwerde taktische Vorteile gegenüber der Bundes-Verfassungsbeschwerde. So beträgt bspw. die Frist dafür in Bayern zwei Monate statt nur einem Monat. Außerdem gibt es häufig Landesgrundrechte, die einen weiteren Schutzbereich vorsehen als entsprechende Grundrechte des Grundgesetzes.

Wenn es ausschließlich um die Anwendung von Landesrecht geht, wenn also bspw. ein Verwaltungsgericht in einer kommunalverfassungsrechtlichen Angelegenheit entschieden, ist eine Landesverfassungsbeschwerde oft sinnvoller. Denn dieses Gericht kennt das Landesgesetz normalerweise genauer als das Bundesverfassungsgericht und wird möglicherweise auch tiefgehender prüfen als das Bundesverfassungsgericht.

Kein Eingriff in Bundeskompetenzen

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof residiert im Münchner Justizpalast. Bei bayerischen Verfassungsbeschwerden gilt eine längere, zweimonatige Frist.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof residiert im Münchner Justizpalast. Bei bayerischen Verfassungsbeschwerden gilt eine längere, zweimonatige Frist.
Umgekehrt können Landesverfassungsgerichte, wie oben erläutert, keine Entscheidungen von Bundesgerichten prüfen. Hat also in letzter Instanz das Bundessozialgericht, der Bundesfinanzhof, das Bundesverwaltungsgericht oder der Bundesgerichtshof entschieden, kann das Landesverfassungsgericht das Verfahren nicht mehr überprüfen, denn das Bundesgericht ist ja nicht an die Landesgrundrechte gebunden. Auch die vorhergehenden Entscheidungen der Landesgerichte (z.B. des Landgerichts, des Finanzgerichts o.ä.) sind dann in der Regel nicht eigens überprüfbar.

Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass sich die meisten Landesverfassungsgerichte deutlich zurücknehmen, wenn es um Gerichtsentscheidungen über Bundesrecht geht: Soweit Landesgerichte dafür zuständig sind, Bundesgesetze anzuwenden, messen die Landesverfassungsgerichte ihre Auslegung nicht an den der Landesgrundrechten, sondern führen lediglich eine Willkürprüfung durch.

Teilweise doppelte Chancen möglich

Grundsätzlich ergeben sich freilich doppelte Chancen, wenn man Landes- und Bundesverfassungsbeschwerde zugleich einreicht. Zwei verschiedene Gerichte entscheiden möglicherweise einen Sachverhalt unterschiedlich.

Zu beachten ist aber, dass in manchen Ländern die Landes- und die Bundesverfassungsbeschwerde nicht nebeneinander eingereicht werden können. In Mecklenburg-Vorpommern ist eine Landesverfassungsbeschwerde nur möglich, wenn keine Bundesverfassungsbeschwerde möglich ist – da diese aber fast immer möglich ist, ist die Landesverfassungsbeschwerde hier kaum relevant.

Rechtsanwalt Thomas Hummel kann professionell einschätzen, ob eine Landesverfassungsbeschwerde überhaupt zulässig ist und ob sie an der Stelle oder auch zusätzlich zu einer Bundesverfassungsbeschwerde sinnvoll ist. Auf diese Weise ist es Ihnen dann möglich, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, welchen Weg Sie gehen wollen.

Mehr Informationen zur Verfassungsbeschwerde auf Landes- und Bundesebene

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(Letzte Aktualisierung: 22.02.2022)

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