Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG)

(Letzte Aktualisierung: 08.12.2022)

Artikel 2 des Grundgesetzes

(2) (…) Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.


Irgendeine Freiheit verbürgen alle Grundrechte im Grundgesetz für den Bürger – dies ist schon ihre fundamentale Funktion im Rechtssystem.

Die Verhaftung ist ein typischer Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit. Sie ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.
Die Verhaftung ist ein typischer Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit. Sie ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.
Persönliche Freiheit als Fortbewegungsfreiheit

Die in Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes festgeschriebene Freiheit der Person meint dagegen eine sehr spezielle Freiheit, nämlich die körperliche Bewegungsfreiheit. Der Bürger darf sich selbst aussuchen, wo er sein möchte und wo nicht.

Eine erste Annäherung an das Grundrecht kann so vorgenommen werden, dass sich der Bürger zwar nicht überall hin, aber von überall weg darf. Aus der Freiheit der Person habe ich kein Recht darauf, bspw. in ein Atomkraftwerk hinein zu dürfen. Aber ich habe ein Recht darauf, mein eigenes Grundstück auch verlassen zu dürfen. Daher wird Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG auch als „Fortbewegungsfreiheit“ bezeichnet.

Ein Eingriff liegt also insbesondere vor, wenn man durch den Staat eingesperrt und damit seiner Freiheit, einen eng umgrenzten Ort körperlich zu verlassen, beraubt wird.

Das Verbot, sich irgendwo hin zu bewegen kann aber zu einem Einsperren werden, wenn das Aufenthaltsverbot umfassend ist: Wenn der Staat einer Person verbietet, sich auf Wegen, Straßen und Plätzen, in Wäldern, in Parks und auf Wiesen sowie auf fremden Privatgrundstücken, sogar mit Zustimmung des Eigentümers, aufzuhalten, dann ist das faktisch ein Einsperren und wäre auch genau so zu behandeln. Das wäre freilich ein kaum realistischer Extremfall.

Verhaftung als tiefgehender Freiheitseingriff

Eine typische Freiheitsentziehung ist die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe und die daraus folgende Einlieferung in ein Gefängnis. Aber auch schon vor der abschließenden Gerichtsentscheidung kann der Beschuldigte verhaftet und in Untersuchungshaft genommen werden.

Eine solche Freiheitsentziehung stellt einen massiven Einschnitt für den Betroffenen in sein gesamtes bisheriges Leben dar. Dieses wird quasi „auf den Kopf gestellt“, sein beruflicher und privater Alltag endet, Kontakte zu anderen Personen werden unterbunden. Auch die Ausübung seiner anderen Grundrechte wird in Mitleidenschaft gezogen, es handelt sich also nicht nur um einen punktuellen Eingriff in ein einzelnes Grundrecht.

Hohe Hürden für Verhaftungen

Dabei gibt es hohe Hürden für Verhaftungen, die insbesondere im Bereich der Garantien bei Freiheitsentzug eine Rolle spielen.

Diese hohen Hürden liegen in der großen Bedeutung der körperlichen Freiheit für alle Grundrechte begründet. Denn diese Grundrechte bringen einem wenig und man kann sie oft kaum effektiv ausüben, wenn man in einer kleinen Zelle sitzt. Eine Grundrechtsordnung, die die körperliche Freiheit nicht schützt, kann im Ergebnis keine Freiheit wirklich schützen.

Der staatliche Strafanspruch berechtigt diesen aber dazu, Freiheitsstrafen zu verhängen und zu vollstrecken. Ebenso sind freiheitsentziehende Maßnahmen wie Untersuchungshaft, Unterbringung in der Psychiatrie, Sicherungsverwahrung oder polizeilicher Gewahrsam erlaubt, um die Sicherheit der Gesellschaft zu gewährleisten. Soweit eine Freiheitsbeschränkung gesetzlich vorgesehen und zulässig ist, ist aber stets die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, vor allem mit zunehmender Dauer und Intensität des Freiheitsverlustes.

Neuartige Freiheitsbeschränkungen

In der Praxis kommt weniger ein rechtswidriges, gesetzlich nicht vorgesehenes Einsperren vor. Denn die staatlichen Organe wissen schon, welche formalen Schritte sie dafür unternehmen. Meist geht es eher darum, dass die Haft inhaltlich nicht gerechtfertigt ist, oder um neuartige Freiheitsbeschränkungen.

Ausreiseverbote und ähnliche Maßnahmen gegen Fußballfans können die persönliche Freiheit verletzen.
Ausreiseverbote und ähnliche Maßnahmen gegen Fußballfans können die persönliche Freiheit verletzen.
Besonders thematisiert wurden hier Ausreisesperren für als aggressiv bekannte Fußballfans. Diesen wurde insbesondere untersagt, zu großen internationalen Turnieren (Europa- oder Weltmeisterschaft) zu reisen, bei denen man gewalttätige Auseinandersetzungen befürchtet. Noch nicht ganz geklärt ist insoweit, ob das Ausreisen aus der Bundesrepublik auch von der Freiheit der Person umfasst ist, da es dabei eigentlich um eine Fortbewegung zu einem Ort „hin“ und nicht „weg“ (siehe oben) geht.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass klassische Bedrohungsszenarien für die Fortbewegungsfreiheit heute weniger eine Rolle spielen und es immer mehr um neue Szenarien geht, die sich häufig um Themen der allgemeinen Sicherheit drehen. Der Staat interessiert sich nicht mehr so sehr, wo der Bürger hingeht, sondern dafür, was er tut. Sein konkreter Aufenthaltsort ist dabei oft unerheblich, über moderne Kommunikationsmittel kann er im Prinzip ja doch überall präsent sein.

Insoweit stellt sich dann die Frage, wie Sicherheit und (körperliche) Freiheit zueinander stehen. Diese Frage kennt man aber mittlerweile von fast allen Grundrechten.

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