Persönlichkeitsrechte (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG)

(Letzte Aktualisierung: 25.05.2023)

Artikel 2 des Grundgesetzes

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Artikel 1 der Grundgesetzes

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


Aus einer Zusammenschau der Menschenwürde und der allgemeinen Handlungsfreiheit („Schutzbereichsverstärkung“) wird eine Reihe von Persönlichkeitsrechten abgeleitet, die nicht ausdrücklich im Grundgesetz niedergeschrieben sind. Es handelt sich dazu ein Art richterlicher Rechtsfortbildung.

Das Bundesverfassungsgericht hat auf diese Weise Lücken in den Grundrechten geschlossen, die es selbst festgestellt hat. Hierin liegt auch eine Weiterentwicklung des Schutzes gegenüber Beeinträchtigungen der Privatsphäre und der Gefühlswelt des Bürgers, die bei Aufstellung des Grundrechtekatalogs 1949 noch keine große Rolle gespielt haben.

Die Persönlichkeitsrechte schützen als Grundrechte in erster Linie die Privatsphäre jedes Menschen.
Die Persönlichkeitsrechte schützen als Grundrechte in erster Linie die Privatsphäre jedes Menschen.
Verschiedene Schutzrichtungen des Persönlichkeitsrechts

Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehören verschiedene Schutzwirkungen, die man in folgende Gruppen einteilen kann:

  • Schutz der Ehre
  • Schutz des Namens, des eigenen Bilds und des eigenen Worts
  • Schutz der Privatsphäre

Daneben gibt ganz spezielle Detailbereiche, die sich nicht in diese Gruppen einordnen lassen, bspw. das Recht des Bürgers auf Verfolgung von gegen ihn gerichteten Straftaten und das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung.

Auch wird ein informationelles Selbstbestimmungsrecht als Unterfall der Persönlichkeitsrechte angenommen. Dies widerspricht einer übermäßigen Erhebung und Speicherung von Daten seitens des Staates. Neueste Ausprägung dieser Persönlichkeitsrechte ist das sogenannte Computergrundrecht.

Anwendbarkeit auf juristische Personen

Aufgrund des sehr persönlichen und mit der Menschenwürde verknüpften Schutzbereichs stehen die Persönlichkeitsrechte vor allem natürlichen Personen (also allen Menschen), weniger den juristischen Personen (z.B. Unternehmen oder Vereinen) offen. Eine Aktiengesellschaft hat keine Intimsphäre. Ihre Geschäftsgeheimnisse werden schon von Art. 12 GG geschützt.

Allerdings werden im Bereich des Ehrschutzes auch Persönlichkeitsrechte für juristische Personen angenommen. Auch eine Vereinigung muss es nicht hinnehmen, dass ihr Ansehen herabgewürdigt wird, zumal eine Rufschädigung regelmäßig auch wirtschaftliche Verluste nach sich ziehen kann.

Typische Eingriffe

Manche Bereiche überdecken sich auch, bspw. betrifft eine polizeiliche Observation das Recht am eigenen Wort („Lauschangriff“) als auch die Privatsphäre, weil das Leben des Betroffenen permanent beobachtet wird.

Weitere Eingriffe sind unter anderem psychiatrische Zwangsbehandlungen, die Unterbindung von Kontakt zu anderen Personen oder bloßstellende Handlungen durch öffentliche Stellen wie z.B. die Polizei.

Dabei muss man feststellen, dass die Schutzrichtung dieses Persönlichkeitsrechts sehr in Richtung der Menschenwürde geht. Allerdings ist bei diesem Grundrecht der Schutzbereich sehr viel breiter, eine Verletzung der Persönlichkeit ist viel häufiger anzunehmen als die der Menschenwürde. Dafür ist die Schutzintensität viel geringer, eine Rechtfertigung von Eingriffen ist durchaus möglich.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird daher teilweise auch als „kleine Menschenwürde“ angesehen, die Eingriffe abfängt, die nicht so schwer wiegend sind, dass es sich gleich um eine Verletzung der Menschenwürde handelt.

Ein Anspruch auf Schutz durch das Strafrecht besteht nur in einzelnen Fällen.
Ein Anspruch auf Schutz durch das Strafrecht besteht nur in einzelnen Fällen.
Persönlicher Schutz durch Strafrecht

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ausnahmsweise auch Leistungsrechte beinhalten, nämlich einen Anspruch darauf, dass der Staat Personen, die sich selbst nicht helfen können, gegen Übergriffe Dritter schützt. Hierzu gehört zum Beispiel auch, dass Kinder gegen sexuelle Handlungen Erwachsener durch Gesetze und deren tatsächliche Umsetzung geschützt werden.

Ein Recht auf Strafverfolgung anderer Personen darüber hinaus besteht allerdings in der Regel nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung dazu jedoch in den vergangenen Jahren einige Fallgruppen entwickelt, in denen ein Anspruch darauf bestehen kann, dass Strafverfahren durchgeführt werden.

Weitere Sonderfälle

Ob und inwieweit auch Verstorbene noch ein Recht auf Schutz ihrer Persönlichkeit haben, ist umstritten. Das Bundesverfassungsgerichts lehnt einen solchen „postmortalen Persönlichkeitsschutz“ grundsätzlich ab. Dieser komme nur in Betracht, wenn ein Menschenwürdeverstoß vorliege, da die Würde nicht mit dem Tod endet. Unterlassungsansprüche aus dem postmortalen Persönlichkeitsschutz sind ausnahmsweise denkbar, allerdings verliert die Ehre des Toten immer weiter an Gewicht, je länger der Tod zurückliegt.

Nach neuerer Rechtsprechung lässt sich auch ein Recht auf Selbsttötung und auf effektive Hilfe zur Selbsttötung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht herleiten (BVerfG, Urteil vom 26.02.2020, 2 BvR 2347/15 u.a.).

In der Verfassungsbeschwerde muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht stets als eine Art Auffanggrundrecht beachtet werden, das in vielerlei Hinsicht Schutzwirkung entfalten kann. Ein erfahrener Rechtsanwalt wird dies stets auf dem Schirm haben und ggf. Ausführungen hierzu machen.

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